Ein Anlagenkonzept für alle Verfahrensschritte
Die Nachfrage nach carbonfaserverstärkten Kunststoffen steigt weltweit. Prognosen des Unternehmensverbunds Carbon Composites gehen von 156 000 Tonnen für 2020 aus. Mit einer Anlagenerweiterung am Standort Bonn hat sich die SGL Group für die Zukunft gewappnet. Der Aufgabenbereich der Silo-, Förder-, Dosier- und Homogenisier-Technik stellte dabei besondere Anforderungen. Gut, wenn man einen erfahrenen Partner an seiner Seite hat.
Aufgrund seiner vielfältigen Verwendbarkeit ist Kohlenstoff (engl.: Carbon) in Form von Graphit seit Jahrzehnten ein aus der chemischen Industrie nicht wegzudenkender Rohstoff. Seit einiger Zeit erlangt er zudem in Form der Kohlenstofffaser eine wichtige Bedeutung, wenn es darum geht, ein sehr robustes aber gleichzeitig leichtes Material herstellen zu wollen. Die SGL Group ist dabei einer der weltweit führenden Hersteller von Produkten aus Carbon, Graphit und Verbundmaterialien.
Im Zuge der geplanten Kapazitätserweiterung sollte eine der modernsten Anlagen installiert werden, um aus den Basiskomponenten wie Graphit, Koks und Pech massive, gepresste Carbon-Blöcke herzustellen. Diese Blöcke werden als Ausgangsmaterial für die Herstellung verschiedenster High-Tech-Carbon-Produkte genutzt.
Die Herstellung des technischen Carbonpulvers, aus dem die Carbon-Blöcke gepresst werden, ist sehr anspruchsvoll. Die Basiskomponenten Graphit und Koks sind in der benötigten gemahlenen Form nur sehr schwer zu handhaben und neigen beispielsweise im fluidisierten Zustand zu Fließeigenschaften, die vergleichbar mit Wasser sind, während sie nach längeren Standzeiten in Silos zum Anbacken und Verklumpen neigen. So trat die Firma SGL Group mit dem Wunsch an die Firma Derichs heran, ein Anlagenkonzept zu entwickeln, welches nach der Graphit und Koksvermahlung ansetzen sollte. Es sollte alle weiteren Verfahrensschritte, wie Fördern, Lagern, Homogenisieren und Austragen der Zwischenprodukte bis hin zur Dosierung in die Pressformen beinhalten. Zusätzlich sollten Teile der bestehenden Fertigungsanlagen an die neue Anlage angebunden werden.
Förderung und Lagerung mit Dichtstromförderung
Zunächst wird der Graphit auf die gewünschte Korngröße gemahlen. Unter den Mühlen wird das Mahlgut abgeholt und in Zwischenlagersilos transportiert. Hierbei musste ein recht langer Förderweg realisiert werden. Gelöst wurde diese Aufgabe mittels einer Dichtstromförderung, bestehend aus einem Sendegefäß und einer Förderleitung mit Beiluftdüsen.
In der Siloanlage zur Zwischenlagerung werden bereits durch Beimischungen von Verschnittprodukten die Produkteigenschaften normiert. Dabei kommen verschiedene Produkte mit unterschiedlichen Korngrößen, Fließeigenschaften und Schüttdichten zusammen, um eine möglichst gleichbleibende Qualität sicherzustellen. Die Homogenität dieser Mischungen ist im weiteren Produktionsverlauf von besonderer Bedeutung. Daher lag hier der Fokus darauf, Entmischungen während der Lager- und Austragszeit zu verhindern. Um diese Anforderungen zu erfüllen, muss das Produkt zum einen eine gute Durchmischung erfahren und zum anderen soll beim Austragen ein Massenfluss erreicht werden.
Daher wurden im Vorfeld im Technikum der Firma Derichs diverse Tests mit verschiedenen Mischsystemen gefahren. Produktanalysen in den Laboren beider Unternehmen lieferten begleitend dazu Angaben über die Homogenität und die Produktzerstörung. Zur Gewährleistung einer repräsentativen Probenahme wurden die Silos mit einem für diesen Anwendungsfall speziell adaptierten Probenehmertypen (DPA) ausgestattet. Diese entnehmen aus verschiedenen Probenahmestellen, über die kompletten Silohöhen, Proben direkt aus der Produktsäule.
Dosieranlage für bauseitige Mischanlage
Hauptkomponenten werden mittels zweier Saugförderungen aus den Silos direkt in eine Saug-Dosierwaage gefördert. Diese kombiniert einen Abscheider und ein Dosiergerät und ermöglicht dadurch eine Installation bei geringen Bauraumhöhen.
Die Dosiergeräte fungieren als Lost-Weight-System, d.h. sie dosieren gewichtsabhängig eine vorher definierte Produktmenge mit einer Förderschnecke in die bauseitige Mischanlage. Als problematisch, vor allem bei den Hauptprodukten, stellte sich die geforderte hohe Genauigkeit heraus. Erschwerend kam noch die eingangs erwähnte Problematik der Fließeigenschaften von Graphit (leicht fluidisierbar bzw. brückenbildend und anbackend) hinzu. Nach enger Kooperation der Firmen SGL und Derichs, stellte sich eine spezielle Austragsgestaltung in Form einer Kombination von Rüttel- und Verschlusstechnik als zielführend heraus.
Fördern und Zwischenlagern vor der Presserei
Das nun in seinen Bestandteilen fertige Produkt muss im letzten Arbeitsgang noch final verpresst werden. So bestand die letzte Aufgabe der Firma Derichs darin, die Förderung des Endproduktes in eine weitere Siloanlage und anschließend aus dieser hinaus in eine Abfüllung der Pressformen zu gestalten. Die Herausforderung bei der Produktförderung lag vor allem darin, das Produkt möglichst schonend und entmischungsfrei zu fördern. Das fertig gemischte Produkt muss in seiner Kornstruktur bis zur Formgebung intakt gehalten werden. Aus diesem Grunde wurde eine Dichtstromförderung mittels Sendegefäß und Beiluftunterstützung gewählt. In der Siloanlage selber galt es, die gleichen Probleme in den Griff zu bekommen, wie bereits bei den Zwischensilos geschildert. Bei der anschließenden Befüllung der Formen musste eine hohe Dosiergenauigkeit berücksichtigt werden. Diese wurde durch eine Vibrationsdosierrinne mit Magnetantrieb erzielt.
Im Rahmen des Auftrages erstellte Derichs auch die Steuerung und Visualisierung der hier beschriebenen Anlage. Neben der Schnittstellenproblematik zu den anderen Gewerken, wie Mühlen, Mischern und Pressen, lag die Herausforderung im Wesentlichen darin, die Programmierung in Abstimmung mit dem übergeordneten Leitsystem der Firma SGL zu verknüpfen. Zudem haben die Schüttgut-Experten aus Übach-Palenberg zusätzlich sämtliche Schaltschränke gestaltet und beigestellt sowie die erforderliche Feldverkabelung eingebracht.
Durch eine enge Abstimmung mit SGL konnte eine nach aktuellsten Umwelt- und Energiestandards produzierende Anlage errichtet werden, welche es erlaubt, reproduzierbar hohe Produktqualität noch nachhaltiger und kosteneffizienter zu produzieren.
Autor: Michael Moll und Hanno Derichs, alle Derichs
Erschienen in: Schüttgut 5/2018 & Process 10/2018, Vogel Communication Group